Arbeitsagentur antwortet nicht: Das rät die Anwältin
Wegen Corona passiert es immer öfter: Die Arbeitsagentur antwortet nicht, die Arbeitsagentur reagiert nicht. Das zeigt unser Kanzleialltag. Fast täglich melden sich Betroffene, die seit Monaten darauf warten, dass die Arbeitsagentur endlich antwortet, etwa wegen eines Antrages auf Hartz IV oder einem Widerspruch. Lesen Sie hier, wie Sie Druck machen können.
Auch die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen sind wegen Corona mittlerweile häufig im Home-Office, wie wir aus Kontakten mit Sachbearbeitern wissen. Die ohnehin oft langen Bearbeitungszeiten sind dadurch noch länger geworden, in manchen Fällen unerträglich lang, denn es geht vielfach um den unverzichtbaren Lebensunterhalt. In dringenden Fällen kann eine Eilentscheidung unter besonderen Bedingungen im Wege des Eilrechtsschutzes erzwungen werden, ansonsten gelten bestimmte als für die Bescheidung durch die Behörde angemessene gesetzliche Wartefristen für Antragsteller oder Widerspruchsführer.
Gesetzliche Fristen, innerhalb derer die Arbeitsagentur antworten muss
In § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Gesetzgeber Fristen genannt, innerhalb derer ein Antrag oder ein Widerspruch bearbeitet werden muss. Die in § 88 SGG genannten Wartefristen sind grundsätzlich einzuhalten, auch wenn mit einer schnelleren Entscheidung der Behörde gerechnet werden kann. Eine Ausnahme gilt, wenn die Behörde eine Entscheidung eindeutig ablehnt. Der Antragsteller hat also einen Anspruch auf eine Entscheidung binnen der im Gesetz genannten Fristen; die Vorschrift des § 88 SGG zwingt die Behörde, binnen gesetzlicher Frist zu entscheiden. Wird die gesetzliche Frist „ohne zureichenden Grund“ überschritten, weil die Arbeitsagentur nicht antwortet, ist eine sogenannte Untätigkeitsklage zulässig. Untätigkeitsklage bedeutet: Das Gericht soll die Arbeitsagentur dazu verurteilen, schnellstmöglich eine Entscheidung zum Widerspruch oder Antrag zu treffen.
Widerspruch: Drei Monate. Reagiert die Arbeitsagentur ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten, indem sie über einen Widerspruch entscheidet, kann der Betroffene vor das Sozialgericht gehen und Untätigkeitsklage erheben (§ 88 Absatz 2 SGG).
- Ein Beispiel: Ihnen wurden Leistungen ganz oder teilweise gestrichen, obwohl es dafür keinen Rechtsgrund gab. Sie haben fristgerecht Widerspruch erhoben, aber die Arbeitsagentur antwortet eben nicht, während Sie finanziell auf dem Trockenen sitzen.
Bescheid: Sechs Monate. Reagiert die Arbeitsagentur ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von sechs Monaten, indem sie über einen Antrag entscheidet, kann der Betroffene ebenfalls vor das Sozialgericht gehen und Untätigkeitsklage erheben (§ 88 Absatz 1 SGG).
- Ein Beispiel: Sie haben als Selbstständiger wegen Corona ihre Existenz verloren und Hartz IV beantragt. Der Bescheid darüber kommt und kommt nicht. Ihre Pflichten, wenn die Arbeitsagentur nicht reagiert
Ihre Pflichten, wenn die Arbeitsagentur nicht reagiert
Wenn Sie alle Unterlagen zu einem Antrag oder Bescheid eingereicht haben, ist es durchaus sinnvoll, nach zwei Wochen nachzuhaken und nach dem Stand der Dinge zu fragen. Eine Pflicht dazu besteht nicht. Die Arbeitsagentur muss auch ohne Erinnerung den Antrag oder Widerspruch bearbeiten. Es besteht ebenfalls keine Pflicht anzudrohen, dass Sie einen Anwalt oder eine Anwältin beauftragen wollen, weil die Arbeitsagentur seit Wochen nicht geantwortet oder sonstwie reagiert hat.
Das kann eine Anwaltskanzlei wie Genkin Anwälte für Sie tun
Wenn Sie uns beauftragen, schreiben wir die Arbeitsagentur sofort an. Schon dadurch kommt oft Bewegung in die Sache, denn wir kündigen zugleich an, eine Untätigkeitsklage zu erheben. Reagiert die Arbeitsagentur weiterhin nicht, erheben wir die bereits erwähnte Untätigkeitsklage. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist kostenlos. Die Kosten des Klägers hat die Behörde zu tragen, wenn sie nicht innerhalb der oben genannten Fristen entschieden hat, dabei kommt es nicht auf die Erfolgsaussichten in der Sache an. Hatte die Behörde keinen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung oder hat sie dem Kläger den Grund nicht mitgeteilt, so hat sie gemäß der Veranlassungstheorie oft die Kosten zu tragen – insbesondere wenn die Behörde zuvor auf die Eilbedürftigkeit noch einmal ausdrücklich hingewiesen wurde.
Wenn Ihnen Prozesskostenhilfe (§ 114 Absatz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung) zusteht, werden die Kosten für die anwaltliche Tätigkeit vom Staat getragen. Prozesskostenhilfe wird immer dann gewährt, wenn jemand wenig Geld hat (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 Absatz 1 Satz 1 ZPO) hat. Bei Beziehern von Hartz IV ist der Anspruch normalerweise immer gegeben und nach Ablauf der Fristen ist eine Untätigkeitsklage normalerweise auch aussichtsreich. Natürlich kümmern wir uns auch um Ihren Anspruch auf Prozesskostenhilfe, bevor wir Untätigkeitsklage erheben.
Untätigkeitsklage gegen Arbeitsagentur: Wie geht es weiter?
Nach Erhebung einer Untätigkeitsklage geht es meistens recht schnell und die Arbeitsagentur antwortet nun doch. Sie bearbeitet zudem den Fall in der Regel besonders gründlich, denn sie weiß nun, dass der Betroffene anwaltlich vertreten ist und seine Rechte kennt.
Liegt ein „zureichender Grund“ dafür vor, dass der erhobene Widerspruch oder der Antrag noch nicht bearbeitet wurde, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann, § 88 Absatz 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch. Ein „zureichender Grund“ kann beispielsweise in der angekündigten, aber unterbliebenen Widerspruchsbegründung oder bei Schwierigkeiten bei der Feststellung des entscheidenden Sachverhaltes liegen, nicht jedoch in einer Arbeitsüberlastung, die auf Personalmangel oder sonstigen Organisationsversäumnissen beruht. Liegt kein „zureichender Grund“ für die Nichtbearbeitung vor, wird das Sozialgericht die Behörde verurteilen, den Bescheid zu erlassen. Haben Sie auch das Problem, dass die Arbeitsagentur nicht antwortet oder reagiert?
Dann sprechen Sie mit uns. Wir helfen bundesweit. Schreiben Sie uns hier wegen einer unverbindlichen und kostenlosen Ersteinschätzung.
Quellen:
- 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
- 114 Absatz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO):
Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.